Marialuisa Tadei.

Soglia – Übergang

22. März – 5. Mai 2002

Marialuisa Tadei, Installation in der Galerie im Prediger, Schwäbisch Gmünd 2002. © Künstlerin. Foto: Galerie im Prediger
Marialuisa Tadei, Installation in der Galerie im Prediger, Schwäbisch Gmünd 2002. © Künstlerin. Foto: Galerie im Prediger

Zum ersten Mal präsentiert die junge Italienerin Marialuisa Tadei ihre Arbeiten in einer musealen Institution in Deutschland. Marialuisa Tadei, in Rimini geboren, studierte an der Accademia Belle Arti Bologna, der Kunstakademie Düsseldorf (bei Jannis Kounellis), dem Royal College of Art und dem Goldsmith’s College der University of London. Ihre Kunst weist assoziative Bezüge zu Eva Hesse und Kiki Smith auf. Ihre Plastiken und Installationen begründen eine eigenständige Position, die sich zwischen Arte Povera und Minimal Art bewegt. Daher rührt auch Tadeis Bekenntnis zur klaren Gestaltung (Linie, Kreuz und Kreis) und den Rückgriff auf einfache, natürliche Materialien. Aus den verschiedensten Materialien wie Federn, Stahl, Plexiglas und Bronze schafft Marialuisa Tadei poesievolle, meditative "Traumwelten", die eine eindrucksvolle Spannung zur Realität entwickeln.
"Soglia", das heißt "Übergang", meint "das Dazwischen", verbindet Traum und Wirklichkeit, Bewusstsein und Unbewusstsein zu einem universalen Raumkonzept und verwandelt die Galerie im Prediger in einen faszinierenden poetischen Ort der Träume. Innerhalb des erstaunlich kurzen Zeitraums von knapp fünf Jahren hat die Künstlerin mehrere Werkgruppen geschaffen; diese sind durch einen imaginären roten Faden harmonisch miteinander verwoben und legen Tadeis individuelle Position in der italienischen Avantgarde überzeugend darlegen.

Tadeis artifizielle Landschaften verkörpern Irdisches und Göttliches in seltener Eintracht: vom „Giardino delle intuizioni“ (Garten der Intuitionen), bestehend aus kleinen bronzenen Kakteenpflanzen und organisch anmutenden Körpern, über das griechische Kreuz „+“(einer Bodenarbeit aus farbigem Glas und ausgestellt im Franziskanerinnenkloster in Schwäbisch Gmünd) bis hin zu den „Oculi dei“ (Augen Gottes), übergroßen runden Plexiglasscheiben, die ihre farbige Struktur durch ein aufwendiges computer-gesteuertes Siebdruckverfahren erhalten. Tadeis Konzept der Annäherung von Natur und Religion zeigt sich einerseits in einer Mystifizierung der Natur und im Gegenzug in ihrem Versuch einer Verbildlichung des ­unfassbaren Göttlichen.

Marialuisa Tadei, Installation in der Galerie im Prediger, Schwäbisch Gmünd 2002. © Künstlerin. Foto: Galerie im Prediger

Diese Annäherung zeigt besonders deutlich eine 1996 konzipierte mehrteilige Arbeit, ohne Titel: drei einfache, kegelförmige Stangenzelte aus dünnen Drahtstäben in transparenter Reihung montiert; in den Innenraum eines jeden „Tipi“ hat Tadei einen runden Netzbeutel, gefüllt mit Federn, gehängt. In Erinnerung an die Iglus von Mario Merz – und damit als Hommage an die italienische Arte Povera verstanden – , erfährt die einfache Form in all ihrer entmaterialisierten Durchdringung und schwerelosen Transzendenz eine fast spirituelle Nobilitierung.

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