Highlights der Schausammlung

Die Schausammlung führt chronologisch durch alle Epochen der Stadtgeschichte Schwäbisch Gmünds. Von Römerzeit über staufische Madonna bis zu Albrecht Dürer und Hans Baldung Grien. Zeigt Elfenbeinarbeiten der Maucher-Familie, Porträts von Johann Georg Strobel, Kirchenschatz des Heilig-Kreuz-Münsters, sowie Kunst vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, u.a. von Emanuel Leutze, Wilhelm Widemann, Hermann Pleuer, Erich Heckel und weiteren Künstlern.

Römer

Die Römerabteilung widmet sich umfassend den Themen Begräbnis- und Badekultur, dem Götterkult und dem Leben am Limes in Obergermanien im zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus. Ein lebendiges Bild zeichnen zahlreiche Funde vom Kastell und Bad am Schirenhof nach, sowie ausgewählte Objekte aus den Gräbern des Brandgräberfriedhofs, dem bislang einzig vollständig ergrabenen in Baden-Württemberg. Ein herausragendes Zeugnis der Provinzialkunst der römischen Kaiserzeit und der Götterverehrung ist eine Jupiterstatuette aus der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Christus. Die rund 12 cm hohe Bronzefigur mit Silber- und Kupfereinlagen wurde 1926 in Schwäbisch Gmünd im Remsschotter gefunden. Das Gesicht trägt die Züge von Kaiser Antonius Pius (Regierungszeit 138–161), dem Gründungskaiser es gesamten Schirenhofareals und aller nachfolgenden rätischen Kastelle in der Region. Jupiter war für die Römer der oberste Himmelsgott, Beschützer des Staates, des Heeres und des Kaiserhauses.

Anschaulich vergegenwärtigen die Funde das Leben am Rande des Römischen Imperiums, dem Limes, der im Juli 2005 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde.

Jupiterstatuette, Bronze mit Silber- und Kupfereinlagen, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr., H 11,8 cm. © Museum im Prediger.
Jupiterstatuette, Bronze mit Silber- und Kupfereinlagen, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr., H 11,8 cm. © Museum im Prediger.

Staufer

Einen wichtigen Platz in der Präsentation nimmt die Spätromanik ein. In jenen Jahren, als die Staufer von 1138 bis 1268 die Geschichte Europas entscheidend prägten, entwickelte sich Schwäbisch Gmünd von einer kleinen Siedlung zur prosperierenden Stadt mit der noch heute erkennbaren städtebaulichen Struktur: einem weitläufigen, axial angelegten Marktplatz mit ersten Steinhäusern, von dem rippenförmig Straßen abzweigen, und einer einheitlichen Umwehrung mit Mauer, Türmen und Wassergraben. Neben Klöstern und Spitälern entstanden sowohl Marienkirche als auch Johanniskirche in staufischer Zeit. Belegt wird sie durch originale Bauplastik, die bei einer ersten durchgreifenden Renovierung der Kirche durch Repliken ersetzt wurde und dann ins Museum gelangte.

Reliefquader aus der Johanniskirche: Hunde und Jäger, 13. Jahrhundert, Sandstein. © Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.
Reliefquader aus der Johanniskirche: Hunde und Jäger, 13. Jahrhundert, Sandstein. © Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.

Malerei des Mittelalters

Eine Reihe überregional bedeutender Werke beleuchten das späte Mittelalter. Das älteste Gmünder Tafelbild und dazuhin eines der frühesten datierten schwäbischen Tafelbilder überhaupt stellt das »Schweißtuch der Hl. Veronika« dar, das die Jahreszahl 1419 aufweist. Die Fichtenholztafel (39 × 21,5 cm) ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich, denn sie ist beidseitig bemalt: die Vorderseite zeigt in Leimfarbenmalerei das Schweißtuch der Hl. Veronika; die Rückseite trägt in Harzölmalerei das wohlerhaltene jüngere Bild einer Hl. Kümmernis. Das Veronikabild war vermutlich der Predella eines Münsterretabels eingefügt, das bei dem Einsturz der beiden Münstertürme 1497 zerstört wurde; so lässt sich die weder stilistisch noch inhaltlich, weder maltechnisch noch in der Erhaltung übereinstimmende doppelseitige Bemalung erklären. Zugeschrieben wird das Werk Eitel Martin, einem in Gmünder Urkunden zwischen 1413 und 1438 mehrfach genannten Maler.

In den Bildfindungen der Kunst eine absolute Rarität ist das Tafelbild »Die Wahre Länge Christi«, das nicht weniger als den Anspruch erhebt, das Abbild und die Wahre Länge Christi darzustellen oder, wie es der Maler selbst auf der 1487 datierten Holztafel vermerkt hat: »ain gleichnus der person cristi / die leng vnd gros«. Christus steht dem Betrachter als zwei Meter hohe Gestalt gegenüber. Die Linke hält die Kristallweltkugel, die Rechte ist segnend erhoben. Neben den bloßen Füßen Christi, der über einem grauen Kleid einen dunkelroten Schultermantel trägt, kniet ein kleines Stifterpaar. Neben dem Mund des Stifters setzt ein Schriftband an und weht mit der Bitte empor: »O • Jhesy • fily Dei • misere • mei / O Jesu, Sohn Gottes, erbarme dich meiner.« Mit seinem ungewöhnlichen Format und seinem seltenen Thema repräsentiert das Tafelbild eines der bedeutungsvollsten mittelalterlichen Tafelbild der Museumssammlung. Neben seiner Funktion als Stifterbild ist es zugleich Epitaph und Andachtsbild.

Die größten Tafeln stellen zwei Flügelbilder eines verlorenen Altarschreines dar, die um 1500 datieren: die Geburt Christi und die Anbetung der Könige.

Unbekannter Künstler, Savator mundi/Die wahre Länge Christi, 1487, Tempera; Öl auf Holz, 235 × 100 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd.
Unbekannter Künstler, Savator mundi/Die wahre Länge Christi, 1487, Tempera; Öl auf Holz, 235 × 100 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd.

Schnitzwerke der Spätgotik

Das früheste Schnitzwerk der Spätgotik ist eine um 1330 in Lindenholz gefertigte sitzende Muttergottes.  Eine ganz herausragende Stellung unter den etwa 160 in ganz Mitteleuropa nur noch erhaltenen Palmeseln nimmt das Gmünder Exemplar ein, sowohl nach Qualität als auch nach Erhaltungszustand und Geschichte. Das um 1500 geschnitzte hölzerne Ensemble aus Tier, Reiter und Wagen, das Christus auf einem Esel reitend darstellt, wurde von einem unbekannten Bildhauer erschaffen. Vom Mittelalter bis zum Jahr 1801 stand die Figurengruppe im Mittelpunkt großer Prozessionen in Schwäbisch Gmünd, mit denen die Kirchengemeinde den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem und den gleichzeitigen Beginn der Passion öffentlich nachstellte.

Ein Glanzlicht spätgotischer Schnitzkunst offenbart sich in einer um 1520 entstandene Hl. Sippe, die dem bekannten Ulmer Bildschnitzer Daniel Mauch (* um 1477 in Ulm; † 1540 in Lüttich) zugeschrieben wird. Die als Motiv der Hl. Anna Selbdritt bekannte Dreiergruppe charakerisiert hier Anfang des 16. Jahrhunderts unter dem Eindruck des neuen Realitätsverständnisses die Altersstufen.

Hl. Sippe, Werkstatt oder Umkreis Daniel Mauch, um 1520, 80 × 64 cm, Leihgabe des Landes Baden-Württemberg. © Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.
Hl. Sippe, Werkstatt oder Umkreis Daniel Mauch, um 1520, 80 × 64 cm, Leihgabe des Landes Baden-Württemberg. © Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.

Renaissance

Einen besonderen Blickfang unter den Marienbildnissen aus verschiedenen Epochen bildet eine „Maria mit Kind“ des Antwerpener Renaissancemalers Joos van Cleve (1485-1540).
Die große Faszination, die Automatenuhren an europäischen Fürstenhöfen ausübten, lässt eine kostbare, vergoldete Figurenuhr „Einhorn“ der Renaissance aus Bronze erkennen, die um 1600 in Augsburg hergestellt wurde, dem damals neben Nürnberg wichtigsten deutschen Kunstzentrum. Dieses kunsthandwerkliche Meisterstück kann – angetrieben von einem Uhrwerk – Bewegungen ausführen: das Einhorn senkt das Horn, das Vorderbein hebt sich, der Schwanz schwingt, während die Augen im Rhythmus der Uhr rollen. Die Funktion der Zeitmessung tritt hinter die Faszination, die Figur quasi zu verlebendigen, zurück.

Figurenuhr Einhorn, um 1600, Augsburg, Bronze und Messing, vergoldet (Gehäuse), Silber, emailliert (Zifferblatt), Messingplatine, Eisenräder (Werk), Ebenholz, Silber (Sockel) 40 × 27 × 18 cm (mit Sockel). © Museum im Prediger., Foto: F. Kleinbach.
Figurenuhr Einhorn, um 1600, Augsburg, Bronze und Messing, vergoldet (Gehäuse), Silber, emailliert (Zifferblatt), Messingplatine, Eisenräder (Werk), Ebenholz, Silber (Sockel) 40 × 27 × 18 cm (mit Sockel). © Museum im Prediger., Foto: F. Kleinbach.

Albrecht Dürer und Hans Baldung Grien

Zu den kulturgeschichtlich bemerkenswertesten Objekten zählt die Preistafel vom Gmünder Büchsenschießen des Jahres 1480. Auf der großen Tafel sind die Preise abgebildet samt den Münzwerten und kleinen Gmünder Standarten im traditionellen Weiß-Rot. Das Richtschwert der Stadt Schwäbisch Gmünd, eine um 1600 entstandene Arbeit des Solinger Klingenschmieds Peter Munsten, symbolisiert auf eindrückliche Weise das Recht der Freien Reichsstadt Gmünd auf Ausübung der Gerichtsbarkeit.

Ein besonders eingerichtetes Grafik-Kabinett zeigt eine Auswahl des Sammlungsbestandes an Blättern von Albrecht Dürer und Hans Baldung Grien.

Umfassend präsentiert sind das Gmünder Gold- und Silbergerät, die religiöse Kunst und das Kunsthandwerk der Renaissance und des Barock. Zum ersten Mal überhaupt zu sehen ist der Gesamtbestand an Minnekästchen: Diese Kästchen sind außen und häufig auch innen aufwendig mit Blüten- und Pflanzenmotiven bemalt und zeigen in vielen Fällen auf oder im Deckel ein sich die Hände reichendes Paar. Die Filigran- und Rosenkranzproduktion und der Schmuck, vor allem Gmünder Ringschmuck, bilden weitere Schwerpunkte.

Hans Baldung Grien (1484/85-1545), Maria mit Kind auf der Rasenbank, um 1505/1507, Holzschnitt.

Der Elfenbeinschnitzer Johann Michael Maucher

Zu den künstlerischen Höhepunkten des Barock zählen unzweifelhaft die Arbeiten des Elfenbeinschnitzers und Bildhauers Johann Michael Maucher (* 1645 in Schwäbisch Gmünd; † wohl 1701 in Würzburg), der als „Meister der Kleinkunst von gesamteuropäischem Format" gilt. Sein Schaffen repräsentieren unter anderem eine Prunkschale aus Elfenbein, ein Radschlossbüchsenpaar und eine Pulverflasche. Der Pulverflasche ist eine wilde Tierszene eingeschnitten. Jagende und Gejagte haben sich in einem kreisenden Knäuel verbissen. Zwischen Löwe, Rind und Bär kämpft die Meute der Hunde. Es ist ein einziges Beißen, Zerren und Prankenschlagen. Weder Anfang noch Ende hat dieses Bild. Bewundernswert, wie der komplexe und aufgewühlte Inhalt bei allem Realismus letztlich überschaubar geordnet und in diesem dreidimensionalen Rund zu einem Ganzen geformt ist. Der Gegenstand kommt Mauchers Kompositionsideen entgegen, der (nicht nur hier) mit bildbestimmenden Teilen in den Randzonen Bewegungen organisiert. Und das Motiv bietet seiner virtuosen Schnitzkunst Gelegenheit, die Oberfläche des festen Buchsbaumholzes in stoffliche Qualitäten zu verwandeln.

Johann Michael Maucher (1645 – 1701), Pulverflasche, um 1680, Buchsbaum, Metall 18 × 14 cm × 8,5 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd.
Johann Michael Maucher (1645 – 1701), Pulverflasche, um 1680, Buchsbaum, Metall 18 × 14 cm × 8,5 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd.

Gmünder Filigran

Einen breiten Raum nimmt das Filigran ein, mit dem das Gmünder Kunstgewerbe im 18. und 19. Jahrhundert weithin bekannt wurde. Filigran bedeutet wörtlich so viel wie »gekörnter Draht« und bezeichnet feine Schmiedearbeiten aus Metallfäden. Das bevorzugte Material ist Silber, deren dünngezogene und gezwirbelte Drähte das Ausgangsmaterial vielfältiger Arbeiten darstellen.
Das Filigran diente zur Fassung von Rosenkranzperlen oder verschiedenartiger Anhänger, es gab dem Kopf einer Haarnadel ihre Gestalt oder einer Florschnalle. Filigran fand demnach im religiösen Bereich genauso Anwendung wie im volkstümlichen Schmuck. Bayrische und fränkische, sogar Appenzeller Trachten zierten sich mit Filigranknöpfen und -schnallen aus Gmünd, und von hieraus fanden filigrangefaßte Devotional-Medaillen ihren Weg in den gesamten katholischen Raum Mitteleuropas.

Rosenkranzanhänger, Schwäbisch Gmünd, 18. Jahrhundert, Silberfiligran, Email. © Museum im Prediger, Schwäbisch GmündRosenkranzanhänger, Schwäbisch Gmünd, 18. Jahrhundert, Silberfiligran, Email. © Museum im Prediger, Schwäbisch GmündRosenkranzanhänger, Sch
Rosenkranzanhänger, Schwäbisch Gmünd, 18. Jahrhundert, Silberfiligran, Email. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd

Kirchenschätze

Den Abschluss des ersten Teils der Schausammlung bildet die Präsentation der kirchlichen Schätze aus dem Heilig-Kreuz-Münster, der Franziskuskirche und dem Heiliggeistspital. Der Kirchenschatz des Heilig-Kreuz-Münsters zählt mit seinen Objekten vom 14. bis ins frühe 20. Jahrhundert zu den bedeutendsten Baden-Württembergs und ermöglicht ein Schwelgen in Gold, Silber und edlen Steinen kostbarer Monstranzen, Kelche und Reliquiare.
Die Kirchenschätze stehen im Dialog mit barocken Skulpturen und Gemälden aus Gmünder Kirchen und Kapellen stehen: Darunter findet sich ein „Heiliger Nikolaus“ von Johann Thaddäus Sauter aus dem Jahr 1734; das Bild war wohl das Altarblatt des Nikolaus-Altars der Spitalkapelle. Ferner eine „Kreuztragung“ des Barockmalers und Freskanten Johann Michael Franz (1715-1793); das Tafelbild aus dem Jahr 1792 kam vom Kapuzinerkloster (Abbruch 1810) auf den Salvator, später ins Spital und danach in den Sammlungsbestand des Gmünder Museums. Mit diesen Gemälden vereint sind Skulpturen, die den Weg vom Depot an die Öffentlichkeit gefunden haben und nun zum ersten Mal ausgestellt sind: zu diesen Kleinodien gehören ein „Heiliger Rochus“ aus Lindenholz aus der 1. Hälfte 18. Jahrhunderts, der in freigelegter Vergoldung neu erstrahlt und ein Gottvater (Gnadenstuhl), eine seltenes Werk aus der 1. Hälfte 18. Jahrhunderts. Einen ganz besonderen Platz hat auch ein „Heiliger Leopold“ gefunden: die Ende des 17. Jahrhunderts datierte Holzskulptur eines unbekannten Bildhauers, die den Heiligen in Rüstung mit Markgrafenhut und Hermelinzier zeigt, stand früher als vermeintlicher Heiliger Florian im Refektorium und weckt nach ihrer Restaurierung neue Aufmerksamkeit.

Franz Anton Lang (Meister 1752, gest. nach 1769), Maria Immaculata. Augsburg, 1755–1757, Madonna: Silber, teilvergoldet, Glassteine, Perlmutt, Email; Sockel: Holz, Kupfer vergoldet, Silber; Weltkugel mit Schlange und Halbmond: Kupfer, vergoldet, emaillier
Franz Anton Lang (Meister 1752, gest. nach 1769), Maria Immaculata. Augsburg, 1755–1757, Madonna: Silber, teilvergoldet, Glassteine, Perlmutt, Email; Sockel: Holz, Kupfer vergoldet, Silber; Weltkugel mit Schlange und Halbmond: Kupfer, vergoldet, emailliert, H 128 cm, mit Sockel 210 cm, Sockel L 69 cm, B 69 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe der Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Schwäbisch Gmünd.

Emanuel Leutze und die Düsseldorfer Malerschule

Die Forsetzung findet die Schausammlung im zweiten Obergeschoss. Hier führt der Weg von Pferdebildern Johann Wilhelm Baumeisters (1804–1846) und Porträts von Franz Seraph Stirnbrand (1788–1882) zu Gemälden der berühmten Düsseldorfer Malerschule. Unter ihrem Direktor Wilhelm Schadow (1826–1859 Direktorat) entwickelte sich die Akademie im 19. Jahrhundert zur führenden deutschen Ausbildungsstätte für Maler.
Die Schausammlung versammelt Werke von Andreas und Oswald Achenbach, Carl Friedrich Lessing (1808–1880) und Emanuel Leutze (Schwäbisch Gmünd 1816–Washington 1868), von dem das Gmünder Museum den weltweit größten Bestand an Werken besitzt. Leutzes Gemälde »Washington Crossing the Delaware« (1851, New York, Metropolitan Museum), das in der Ausstellung als Stahlstich zu sehen ist, gilt als Inkunabel der amerikanischen Historienmalerei und gehört gewissermaßen zu den Staatsmonumenten der USA.

Emanuel Leutze (1816-1868): Tizians Lagunenfahrt, 1857, Öl auf Leinwand, 95 x 123,5 cm, bez. u. r.: E Leutze Düsdf 57, Sammlungen Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.
Emanuel Leutze (1816-1868): Tizians Lagunenfahrt, 1857, Öl auf Leinwand, 95 x 123,5 cm, bez. u. r.: E Leutze Düsdf 57, Sammlungen Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.

Wilhelm Widemann-Kabinett

Eine besondere Würdigung erfährt das Werk des 1856 in Schwäbisch Gmünd geborenen Wilhelm Widemann (gest. 1915 in Berlin). Widemanns künstlerisches Schaffen beginnt in der Ziselier- und Modellierklasse der Gmünder Firma Erhard & Söhne, an die sich ab 1875 eine Lehrzeit im Privatatelier des renommierten Gold- und Silberschmieds Fritz von Miller in München anschließt. Darauf folgen 1876 sieben Jahre Aufenthalt in Rom. Als Leiter der Ziselierklasse der Kunstgewerbeschule in Frankfurt erlebt er zwischen 1883 und 1893 eine äußerst fruchtbare Schaffensperiode. Von 1893 bis zu seinem Tod 1915 führt Widemann ein Atelier im Wilhelminischen Berlin, wo er mit umfangreichen Prestigeprojekten betraut wird, etwa der plastischen Ausschmückung im neuen Reichstagsgebäude, am Berliner Dom und der Mitarbeit am sogenannten Kronprinzensilber 1904 bis 1905.
Widemanns künstlerischer Schwerpunkt waren Bronzereliefs, virtuos gearbeitete, form- und figurenreiche Prunkemails und Tafelaufsätze sowie Tischdekorationen etwa für die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin und für das Kronprinzensilber.

Wilhelm Widemann (Schwäbisch Gmünd 1856–1915 Charlottenburg), Tafelaufsatz ›Triton mit Meeresnymphe‹, Frankfurt a. M., um 1890. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Foto: Jens Bruchhaus
Wilhelm Widemann (Schwäbisch Gmünd 1856–1915 Charlottenburg), Tafelaufsatz ›Triton mit Meeresnymphe‹, Frankfurt a. M., um 1890. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Foto: Jens Bruchhaus

Hermann Pleuer und der schwäbische Impressionismus

Die schwäbische Freilichtmalerei ist mit Werken von Friedrich von Keller (1840–1914), Christian Landenberger (1862–1927) und Otto Reiniger (1863–1909) vertreten, vor allem aber durch den in Schwäbisch Gmünd geborenen Hermann Pleuer (1863–1911). Pleuers Ruhm begründen seine Bahnhofsbilder, in denen er ein typisch impressionistisches Motiv aufgriff. In zahlreichen Gemälden und Studien, bei Regen und Schnee, bei Sonnenschein und bei Nacht, aus der Vogelschau oder aus der Perspektive eines Schwellenlegers, immer wieder umkreiste seine Phantasie gerade dieses Sujet. An ihm interessierte ihn weniger der farbige Schein der Dinge als ihr Wesen, das sich dahinter verbirgt. Es suchte die Möglichkeiten, die dieses Thema bietet, auszuschöpfen: den Glanz der spiegelglatten Schienen, den Dunst der staub-geschwängerten Luft, die Brechung und Verfärbung des Lichts im aufwirbelnden Dampf der Lokomotiven. Pleuer wird jedoch nicht nur als der »Maler der Eisenbahn« gezeigt, wie er oft verkürzt dargestellt wird. Zu sehen ist auch, dass er im Figurenbild mit Badenden im Mondschein und im Landschaftsbild mit Motiven vornehmlich seiner Heimat hervorragende Werke geschaffen hat.

Hermann Pleuer (Schwäbisch Gmünd 1863–1911 Stuttgart), Bahnhofshalle im Alten Stuttgarter Bahnhof, 1907, Öl auf Karton, 38 × 49 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd.
Hermann Pleuer (Schwäbisch Gmünd 1863–1911 Stuttgart), Bahnhofshalle im Alten Stuttgarter Bahnhof, 1907, Öl auf Karton, 38 × 49 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd.

Judaica

Ein eigenes Kapitel der Sammlungspräsentation widmet sich der Produktion von Judaica in Schwäbisch Gmünd. Die florierte besonders in den 1920er-Jahren und ging einher mit einer Öffnung und Liberalisierung der Gesellschaft. Deutlich wird dies am Beispiel der auflebenden jüdischen Gemeinde in jener Zeit in der Stadt: Geschäfte und Handel unter der Regie jüdischer Kaufleute etablierte sich und 1926 konnte wieder eine Synagoge eingerichtet werden (zerstört 1938). Nahezu jede Silberwarenfabrik entwarf, produzierte und vertrieb in jener Zeit einen Chanukkaleuchter. Hinzu kamen Gebetsketten, Kidduschbecher und Besamim-Türme. Die Herstellung setzte sich bis in den Zweiten Weltkrieg fort, währenddessen Judaica als »Sonderware« deklariert in alle Welt verschickt wurden.

Chanukka-Leuchter L 43, Fa. Josef Pauser, 1920–1930, Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd. © Museum um Prediger, Schwäbisch Gmünd, Foto: elias blumenzwerg
Chanukka-Leuchter L 43, Fa. Josef Pauser, 1920–1930, Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd. © Museum um Prediger, Schwäbisch Gmünd, Foto: elias blumenzwerg

Aufbruch in die Moderne

Neue künstlerische Ausdrucksformen signalisieren zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Aufbruch in die Moderne. Neben Skulpturen des Gmünder Bildhauers Jakob Wilhelm Fehrle (1884–1974) sind diese Impulse in Bildern von Reinhold Nägele (1884–1972), Erich Heckel (1883–1970) und Peter Jakob Schober (1897–1983) ablesbar. Ein Höhepunkt bildet das Gemälde »Le village rouge« von Marc Chagall (1887–1985). In diesem spiegelt sich die ganz eigene, zeitlos-poetische Bildwelt des aus dem jüdischen Ansiedlungsrayon zwischen Litauen und dem Schwarzen Meer, in dem die osteuropäischen Juden nach der polnischen Teilung am Rande Russlands angesiedelt wurden, stammenden Künstlers: so das Liebespaar, die Mondsichel, die Kuh und das jüdische Schtetl.

Marc Chagall (1887–1985), Le village rouge, um 1964, Öl auf Hartfaserplatte, 32,5 × 48 cm, Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, © VG Bild-Kunst Bonn, Foto: F. Kleinbach.
Marc Chagall (1887–1985), Le village rouge, um 1964, Öl auf Hartfaserplatte, 32,5 × 48 cm, Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, © VG Bild-Kunst Bonn, Foto: F. Kleinbach.

Kunst der Gegenwart

Den Abschluss der Schausammlung bilden künstlerischen Positionen der jüngeren Gegenwart, um die die Sammlung in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich durch Ankäufe aber auch Leihgaben weiterentwickelt wurde. Den Schwerpunkt bilden Werke von Künstlerinnen und Künstlern des süddeutschen Raums. Unter den Bildhauerpositionen finden sich Skulpturen von Fritz Nuss (1907–1999), Sepp Baumhauer (1930–2011), Rudolf Wachter (1923–2011), Eckhart Dietz (1933–2019), Max Seiz (1927–2020), Gerda Bier (geb. 1943), Karl Ulrich Nuss (geb. 1943) und Daniel Wagenblast (geb. 1963). Ed Sommer (1932–2015), Walter Giers (1937–2016), Angela M. Flaig (geb. 1948), Dietrich Klinge (geb. 1954) und Hans Schüle (geb. 1965) sind mit repräsentativen Reliefarbeiten vertreten. Im Dazwischen von Malerei und Objekt bewegen sich schließlich Bettina Bürkle (geb. 1961) und Anna Ingerfurth (geb. 1969) auf je eigene Weise.

Bettina Bürkle, 30 Quadrate, 2018, Aluminium, Plexiglas, 122 × 125 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK).
Bettina Bürkle, 30 Quadrate, 2018, Aluminium, Plexiglas, 122 × 125 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK).
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