Glanz des Glaubens.

Der Gmünder Münsterschatz nach seiner Restaurierung

28. März – 1. Juni 2003
Kreuzreliquiar in Form eines Kalvarienbergs (Ausschnitt), Ulm 1440/1450, Silber, vergoldet, Email, Kupfer, vergoldet, Amethyst, Kreuzpartikel, H 82 cm; Fuß: Dm 46 cm; T 37 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe der Kirchengemeinde Heili
Kreuzreliquiar in Form eines Kalvarienbergs (Ausschnitt), Ulm 1440/1450, Silber, vergoldet, Email, Kupfer, vergoldet, Amethyst, Kreuzpartikel, H 82 cm; Fuß: Dm 46 cm; T 37 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe der Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Schwäbisch Gmünd. Foto: Jens Bruchhaus.

Zur Ausstellung

Kreuzreliquiar in Form eines Kalvarienbergs, Ulm 1440/1450, Silber, vergoldet, Email, Kupfer, vergoldet, Amethyst, Kreuzpartikel, H 82 cm; Fuß: Dm 46 cm; T 37 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe der Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Schwäbisch Gmünd. Foto: Jens Bruchhaus.

Einen Begriff vom "ersten Glanz" des Gmünder Münsterschatzes vermittelt vom erstmals eine große Ausstellung im Museum im Prediger. Nach seiner umfassenden Restaurierung wird einer der größten Kirchenschätze Baden-Württembergs in einer neuartigen Präsentation zu sehen sein. Zum ersten Mal sind die kostbarsten, für die Gmünder und Augsburger Silberwarenproduktion wichtigsten Objekte in einer Ausstellung versammelt. Gezeigt werden rund 100 Exponate – Kelche, Leuchter, Monstranzen, Pokale, Reliquiare, Weihrauchbehälter, Messgarnituren und Ziborien – darunter das einzigartige Kreuzreliquiar in Form des Kalvarienberges aus der Zeit um 1440/50 und eine silberne "Maria Immaculata"-Statue ("die ohne Erbsünde Empfangene"); die 215 cm hohe, 1755/57 gefertigte Statue stellt zugleich das größte Objekt dar.

Erstmals wird auf diese Weise eine eingehende Betrachtung und Beurteilung der herausragenden Qualität des Gmünder Münsterschatzes ermöglicht. Und dies insbesondere im Vergleich mit den noch nie ausgestellten Geräten, die bis vor kurzem noch in der sog. Schatzkammer, d.h. in der ehemaligen Sakristei des Münsters, aufbewahrt wurden. Wie zum Beispiel das älteste Gerät des gesamten Münsterschatzes – ein gotisches Veit-Reliquiar aus der Zeit um 1400; es stammt möglicherweise aus der ehemaligen Veitkapelle, die früher neben der Johanniskirche gestanden hat. Oder aber ein vormals weltliches Gerät, das noch nie präsentiert werden konnte und wahrscheinlich entweder in Augsburg oder in Innsbruck gefertigt wurde: ein Reisepokal, den einst Kaiser Karl V. im Jahr 1552 dem Bürgermeister und Rat der Stadt Schwäbisch Gmünd zum Geschenk machte, und den die Stadt später der Kirchengemeinde übergab, die ihn dann an hohen Feiertagen als Ziborium in Gebrauch nahm.

Als Münsterschatz wird allgemein der Gesamtbestand an kirchlichem Gerät und religiösen Ausstattungsstücken im Besitz eines Münsters, so wie der Heilig-Kreuz-Kirche in Schwäbisch Gmünd, bezeichnet, die seit 1926 den Titel Münster trägt. Die erhaltenen kirchlichen Geräte entstanden seit dem 15. Jahrhundert sowohl in Schwäbisch Gmünd als auch an anderen Orten, vor allem in Augsburg, wurden angekauft und von Privatleuten oder Institutionen der Kirche zum Gebrauch gestiftet. Im Laufe der Zeit hat der Münsterschatz durch Übernahme kirchlicher Geräte aus anderen Kirchen und Kapellen – St. Salvator, Johanniskirche, Veitskapelle – eine Erweiterung seines Bestandes erfahren.

Kreuzreliquiar in Form eines Kalvarienbergs, Ulm 1440/1450, Silber, vergoldet, Email, Kupfer, vergoldet, Amethyst, Kreuzpartikel, H 82 cm; Fuß: Dm 46 cm; T 37 cm. © Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd, Dauerleihgabe der Kirchengemeinde Heilig Kreuz, Schwäbisch Gmünd. Foto: Jens Bruchhaus.
Michael Mair, Strahlenmonstranz, Augsburg, 1695–1700. © Museum im Prediger, Foto: Jens Bruchhaus
Michael Mair, Strahlenmonstranz, Augsburg, 1695–1700. © Museum im Prediger, Foto: Jens Bruchhaus

Seit dem 15. Jahrhundert ist die Sammlung kontinuierlich gewachsen und immer wieder durch Spenden und Stiftungen ergänzt und erweitert worden. Dieser Bestand umfasst heute mehr als 300 Objekte, zu denen vor allem die wertvollsten und kostbarsten Geräte aus Gold und Silber für den gottesdienstlichen Gebrauch gehören – Kelche, Ziborien, Monstranzen, Reliquiare, Messkännchengarnituren, Weihrauchgefäße, Kreuze und Leuchter. Daneben gibt es noch weitere Geräte und Ausstattungsstücke aus nicht edlem Metall und Holz, Gemälde und Bücher sowie zahlreiche kirchliche Gewänder. Die Sammlung beinhaltet Kirchengeräte aller Arten und Stile von der Gotik über die Renaissance zu Barock und Historismus bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. In dieser Lückenlosigkeit ist die Sammlung des Gmünder Münsterschatzes die bedeutendste in Baden-Württemberg.

Die wertvollsten Geräte des Münsterschatzes wurden vor 15 Jahren als Dauerleihgabe an das Museum übergeben; sie wurden gereinigt und in einer Abteilung der Dauerausstellung im 3. Obergeschoss präsentiert. Darunter findet sich eines der ältesten, kostbarsten und künstlerisch bedeutendsten Werke: das Kreuzreliquiar in Form des Kalvarienberges (Nachbildung der Kreuzigungsstätte) aus der Zeit um 1440/50. Die Verwendung edelster Materialien (Gold, Silber, Email) sowie die differenzierten Bearbeitungstechniken und künstlerischer Gestaltungsmöglichkeiten (treiben, gießen, ziselieren, gravieren, punzieren, emaillieren, vergolden) tragen der hohen Wertschätzung Rechnung, die einem Stück vom Kreuz Christi in der mittelalterlichen Reliquienverehrung zukam. Interessant ist, dass zwei der sechzehn Sockelplättchen die Wappen der Stadt Gmünd – Einhorn und Adler – tragen und damit auf eine mögliche Anfertigung des Reliquiars im Auftrag der Stadt verweisen. Über dessen Meister wie den Entstehungsort gibt es jedoch keine gesicherten Erkenntnisse; Form und Ausdruck der Figuren deuten auf eine Entstehung in Ulm hin.
Zur Sammlung gehört auch eine kostbare, aus gotischen Architekturformen aufgebaute Turmmonstranz (gotische Monstranz) aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts – zugleich die älteste Monstranz im Kirchenschatz – und eine 1755 / 57 vom Augsburger Meister Franz Anton Lang gefertigte, 215 cm hohe silberne „Maria Immaculata“-Statue, die das größte Objekt des Münsterschatzes darstellt. Im Bestand findet sich auch eines der schönsten Objekte aus der Gmünder Goldschmiedeproduktion des Barock, das sog. Nepomukreliquiar aus der Hand des Goldschmiedemeisters Andreas Messerschmidt (1718 – 1766).

Michael Mair, Strahlenmonstranz, Augsburg, 1695–1700. © Museum im Prediger, Foto: Jens Bruchhaus

Katalog

Zur Ausstellung ist ein Katalog eschienen (Nr. 23, Reihe Museum im Prediger), hrsg. vom Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd 2003, mit einem Vorwort Bischof von Gebhard Fürst und Texten von Robert Kloker, Gabriele Holthuis, Monika Boosen und Annette Köger-Kaufmann, 152 Seiten, 94 farbige Abbildungen.
ISBN 3-936988-00-5

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