Walter Lochmüller.
Emailleur und Maler – Poet und Weggefährte Hesses
28. Juni – 1. September 2002
Er steht wie kein anderer für das ganze Spektrum kultureller Tradition in Schwäbisch Gmünd, für Kunst, Kunsthandwerk, ihre Ausbildung und Vermittlung: Walter Lochmüller, geboren 1905 in Leonberg und 1992 in Schwäbisch Gmünd verstorben. Aus Anlass seines zehnten Todesjahres gibt das Museum im Prediger vom 28.6. bis 1.9.2002 einen umfassenden Überblick über das vielfältige, mehr als 60 Jahre umfassende Schaffen des Pädagogen, Emailleurs, Malers und Poeten. Die Ausstellung zeigt neben Ölgemälden, Aquarellen und Aquarellentwürfen vor allem die Emailarbeiten Lochmüllers. Die über 250 Exponate stammen vorwiegend aus dem Bestand des Museums, ergänzt durch Leihgaben aus privater und öffentlicher Hand. Die Arbeiten lassen erkennen, wie stark und beständig sich im Werk Lochmüllers Malerei und Emailkunst gegenseitig befruchtet haben. Zum ersten Mal wird auch der Dichter Walter Lochmüller vorgestellt, den eine über 30jährige Freundschaft mit Hermann Hesse (1877 – 1962) verband; sie ist dokumentiert in Briefen, Gedichten und malerischen Erinnerungen an gemeinsame Ferienaufenthalte bei Hesse im Tessin.
Mit dem Namen Lochmüller untrennbar verknüpft ist zum einen eine mehr als 40jährige Tätigkeit als Professor und Direktor an der Staatlichen Höheren Fachschule für das Edelmetallindustrie in Schwäbisch Gmünd, aus der 1971 die Fachhochschule für Gestaltung hervorging. Zum anderen eine lebenslange gestalterische Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Emailkunst. Beide Arbeitsfelder machten Lochmüller weit über Baden-Württemberg hinaus bekannt. Walter Lochmüller lehrte seit 1927 zunächst nebenberuflich, ab 1934 hauptberuflicher an der Staatlichen Höheren Fachschule für das Edelmetallgewerbe. Als künstlerischer Gestalter und als Leiter der von ihm aufgebauten Emailklasse hat er wesentlich dazu beigetragen, dass die in den 20er Jahren in Schwäbisch Gmünd kaum geübte Technik des künstlerischen Emails zu beachtlicher Blüte gelangte. Von 1947 bis 1970 war er Professor und Direktor der Fachschule, die er – Gedanken des Bauhauses neu belebend – zur „Staatlichen Werkkunstschule Schwäbisch Gmünd“ aufbaute; er setzte dabei vor allem neue Maßstäbe künstlerischer Gestaltung und intensivierte den künstlerischer Anspruch der Institution und den Aspekt des Gestalterischen. Für sein künstlerisches und pädagogisches Wirken erhielt er 1970 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.
Als Emailleur beschäftigte sich Walter Lochmüller vor allem mit der Komposition von Figur und farbiger Fläche. Es reizte ihn, einer traditionsreichen Technik neue Möglichkeiten von Formgebung und Farbigkeit abzugewinnen. So fand er zu einem eigenen, unverwechselbaren Stil, der perfekte technische Beherrschung des Materials und ausdruckstarke künstlerische Gestaltung des Motivs in sich vereinigte. In seinen Emailbildern hat Lochmüller Figuren der antiken Mythologie ebenso zu leuchtend buntem Leben erweckt wie Personen aus der Commedia dell’Arte und Szenen des Karnevals von Venedig. Aber auch ganz Alltägliches, etwa Freunde im Gespräch, fröhliche Tischgesellschaften oder Menschen im Garten waren ihm Thema für Emailbilder in brillanten Farben.
Nach der Pensionierung gewann Walter Lochmüller Freiraum für seine künstlerische Tätigkeit. Schon vorher hatte er auf Reisen und Wanderungen aquarelliert und gezeichnet; es sind Erinnerungen an Landschaften, vorwiegend des Mittelmeerraumes, aber auch der engeren Heimat. Ohne abbildhaft zu sein, spürt er in ihnen den Farben der Landschaft, ihren Rhythmen und Strukturen nach – es begegnen sich Konstruktion und freie Gestaltung, Linie und Farbe. Mit skizzierendem Bleistift, leichtem Pinselstrich und durchlichteter Farbigkeit halten die Blätter das Charakteristische einer Landschaft oder eines Ortes fest und beschreiben die Einmaligkeit des Augenblicks.
Die Begeisterung für die Tessiner Landschaft war es auch, die Walter Lochmüller mit Hermann Hesse verband. 1937 kam es aufgrund einer Einladung Hesses zu einer ersten persönlichen Begegnung mit dem malenden Dichter in dessen Domizil in Montagnola. Zahlreiche Besuche mit gemeinsamen Essen, Boccia-Spielen, Gesprächen vertieften die lebenslange freundschaftliche Beziehung zwischen dem malenden Dichter und dem dichtenden Maler.
Nachhaltig war auch Lochmüllers kulturpolitisches Engagement: Der 1949 gegründete Bund der Kunsthandwerker Baden-Württemberg berief ihn zu seinem ersten Vorsitzenden. Von 1946 – 1952 hatte er außerdem den ersten Vorsitz im Gmünder Kunstverein inne, der ihm 1985 die Ehrenmitgliedschaft verlieh. Daneben war Lochmüller Gründungsmitglied des Rotary Clubs Schwäbisch Gmünd der zugleich Hauptsponsor der Ausstellung ist.