Jutta Freudenberger.
Farbraum Landschaft
17. Mai – 30. Juni 2002
 
Die Ausstellung zeigt einen Überblick über das malerische Oeuvre der vergangenen 15 Jahre der in Duisburg lebenden und arbeitenden Künstlerin Jutta Freudenberger (geb. 1945). Ihr Thema, die Landschaft, beinhaltet sowohl die nicht gestaltete wie die gestaltete Natur, ferner die Stadtlandschaft in einer abstrahierenden Form. Nicht das topographische Erkennen und Identifizieren stehen im Vordergrund, sondern Kategorien wie Atmosphäre, Charakteristika und Reduktionen, die für etwas Ganzes stehen.
Mit der Landschaftsmalerei setzt Jutta Freudenberger eine lange, klassische Tradition fort – und stellt dieses Genre zugleich auf weitgehend neue Strukturen: Jutta Freudenberger ist, wie wenige, eine reisende Malerin, die von ihren Reisen zehrt; sie sammelt nicht nur Landschaftseindrücke und lebt in und mit ihnen, sondern sie arbeitet auch mit den Materialien einer jeden Landschaft. Ihre Gemälde sind geprägt durch einen höchst eigenwilligen Umgang mit dem Gegenstand: Die unmittelbare Umgebung der Industriestadt mit ihren Bodenschätzen und die bereisten Landschaften Asiens, Afrikas oder Europas stellen Materialien wie Sand, Erde, Asche, Lava oder Fundstücke zur Verfügung; vermengt mit Bindemitteln und ergänzt durch Ölfarben und farbiges Pigment entsteht eine eigene, farbliche wie auch haptische, reliefartig gebrochene Schichtung eigener Qualität. Collage-, Spachtel- und Kratztechnik sind weitere Verfahren im malerischen Prozess, der Hände, Spachtel, Messer und Schleifpapier ebenso nutzt wie das harte Ende des Pinselstils oder die weiche Pinselspitze. Das Resultat sind neue, „vitale Augenlandschaften, in denen der Betrachter visuell wandern kann“, so Jutta Freudenberger über ihre Arbeiten.
Jutta Freudenberger begreift die Landschaft als Farbraum, als Natur und Struktur. Doch nicht die landschaftliche Geologie oder Topographie ist für die Künstlerin interessant, nicht die Erhebungen und Vertiefungen, nicht die Nähe und Weite einer Landschaft, sondern der künstlerische Einsatz aller Materialien; sie ahmt die Landschaft nicht nach, sondern nutzt sie als Quelle der Energie. In ihren Bildern löst Jutta Freudenberger die Landschaft vollends von Vorbildern und Abbildern: sie wird neu komponiert, ohne jegliche Verpflichtung oder Erinnerung an Vorhandenes, sie ist ein freies malerisches Erleben. Es entstehen im eigentlichen Sinne Kunstlandschaften, d.h. Landschaftsfarbräume – parallel zum realen Naturraum. Und dennoch ergibt sich, bei aller Neuformulierung der Komposition, die Assoziation an Landschaftliches – durch die verwendeten Materialien; diese rufen die Kraftgewalt von Gebirgsfaltungen, die bunte Leuchtkraft der Wüsten Namibias oder das Azur der Himmels über den griechischen Inseln wach.
Und auch formal entziehen sich die Arbeiten Jutta Freudenbergers unserer geläufigen ästhetischen Erfahrung von Landschaftsmalerei. So macht sie aus dem in der Landschaftsdarstellung sonst gewohnten Breitformat häufig ein Hochformat ohne eine Basis am unteren Ende, und stellt, als zentralen Blickfang der Ausstellung, vier zusammenhängende, durchkomponierte Hochformate blockhaft zu einer skulpturalen, drei Meter hohen„Landschaftssäule“ zusammen.
Die Eigenheiten des Umgangs mit dem unkonventionellen Material, der Einsatz von Sand, Erde, Gips und anderen „Erinnerungsmaterialien“ neben der traditionellen Ölfarbe und Pigmenten unter Verzicht auf Pinsel und Palette verleihen den Landschaften von Jutta Freudenberger ihren ganz eigenen, besonderen Reiz – und entwickeln die modernen Landschaftsidee in die Zukunft weiter.
 
