Joseph Beuys.

Pflanze, Tier und Mensch

8. März 2002 – 16. Juni 2002

Die Ausstellung »Joseph Beuys. Tier und Mensch« präsentierte mit 161 Arbeiten Motive seines Werks, die alle Schaffensphasen des universalen Künstlers durchdringen. Dabei geben die zu diesem Thema erstmals gezeigten Bleistiftzeichnungen, Wasserfarbenblätter, Collagen und plastischen Arbeiten aus der Sammlung van der Grinten im Museum Schloss Moyland einen umfassenden Einblick in die einzigartige Gestaltungskraft und das komplexe Bilddenken von Joseph Beuys. In seinen geheimnisvollen, gleichwohl hochästhetischen Werken von großer Poesie umschreibt er sein Wissen um die Wesenhaftigkeit der Tiere und Pflanzen und stellt die Kreatur Mensch gleichwertig in Beziehung. Elch, Hirsch oder Stier als Herdentiere, der Hase als Friedenssymbol, die honigproduzierenden Bienen oder Pflanzen, Blumen und Landschaften sind in seinem Gestaltreich bedeutungsgeladene Vertreter der Schöpfung wie der Mensch, vornehmlich in Gestalt der Frau als lebensspendendem Wesen.

Die Sicherheit im Umgang mit der Stofflichkeit der Materialien, die keiner 'Rangordnung des Edlen in der Wertung des Materials' unterliegen, führt zu Bildfindungen, die gleichnishaft den elementaren und veränderbaren Sinn der Welt beschreiben und eine Wiederherstellung der verlorengegangenen Einheit von Natur und Geist reklamieren. Dem dient ebenso die Verwendung unterschiedlichster Malmittel: neben Wasserfarben wird das koloristische Spektrum durch den Einsatz von Beize, Brühe, Leim, Öl, Fett, Obst- oder Gemüsesäften wie auch von Blut u.a. erweitert. Joseph Beuys definiert seinen erweiterten Kunstbegriff als 'soziale Plastik' und subsumiert darunter alles Kreative, das sich aus dem 'Prozeß des Denkens' ergibt.

In der Ausstellung "Pflanze, Tier und Mensch' wurde so die unverwechselbare Bilderwelt des universalen Künstlers Joseph Beuys vermittelt, die zu zentralen Fragen im neuen Jahrtausend Stellung nehmen kann. Gleichzeitig versuchte die Ausstellung, einer Vorstellung von Joseph Beuys zu entsprechen: nämlich das zu »zeigen, was noch geheimnisvoll sein kann. Das bringt die Sinne in Bewegung, weil sie begreifen möchten« (Joseph Beuys).

In seinen Zeichnungen, die zu den kreativsten Schöpfungen der Kunst des 20. Jahrhunderts gehören, bildet Beuys eine eigene Ikonographie der Figuren und der Materialität aus, die die Basis für alles Folgende bilden sollte. Nie abbildend im beschreibenden Sinn, sind die Arbeiten auch bei gegenständlicher Deutlichkeit vor allem Spur einer permanenten Reflexion, sind Verlängerung seiner Gedanken: »Meine Zeichnungen bilden für mich eine Art Reservoir, woraus ich wichtige Antriebe erhalten kann. Es finden sich also in den Zeichnungen eine Art Grundmaterial, um daraus immer wieder etwas zu nehmen«.

Aufgrund seiner vielschichtigen Betätigungsfelder als Naturforscher, Maler, Bildhauer, Zeichner, aber auch als Lehrer, Politiker, Anthroposoph und Aktionskünstler hat es Joseph Beuys immer verstanden, Kunst, Natur und Spiritualität themenübergreifend zu verbinden und vermittelbar zu gestalten; sein zu Lebzeiten (1921 – 1986) leidenschaftlich und heftig diskutiertes Werk gilt heute als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Beiträge zur Bildenden Kunst im 20.Jahrhundert. Die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis des Menschen zur Natur steht im Mittelpunkt der Beuys´schen Werke; in seinen poetischen, manchmal auch irritierenden, gleichwohl aber hochästhetischen Arbeiten erforscht er den verloren gegangenen Einklang von Natur und Geist, von Kosmos und Intellekt. Umgesetzt wird dies unter Verwendung von zum Teil ungewöhnlichen natürlichen Malmitteln: Obst- und Gemüsesäften, Tee, Kaffee, Beize, Leim, Öl oder Blut, fixierter Staub und Asche; und auch die Papiere sind ähnlich vielfältig: Bütten- und Zeichenpapiere in kleinen Stücken, die Rechnungszettel der Kellner nach dem Krieg, karierte oder liniierte Schreib- und Notizblocks, ausgerissene Seiten von Taschenkalendern, Kuverts, Postkarten, Streichholzschachteln – das auf den Wegen mitgeführte, was zwar unedel, aber belebt war, wie z.B. ein Zettel mit den Einwohnerzahlen aus einem Melderegisterband, in dem, von Oppeln über Schwäbisch Gmünd bis Zwickau, Orte mit über damals 30.000 Einwohnern aufgelistet sind; ein besonderer Gmünd-Bezug.

Pflanze, Tier und Mensch werden bei Beuys als gleichwertige Schöpfungselemente der Natur betrachtet und zueinander in Beziehung gesetzt. Was sie verbindet, sind die Prozesse ihres Entstehens, ihres Wachstums und ihres Vergehens, mit all ihren äußeren Merkmalen der Veränderung, Verwandlung, Transformation und Bewegung. Die Pflanzen als empfindungs­fähige Wesen zeigen ihm ihre ganz eigene, dem Menschen ähnliche, Vitalität, ausgehend von der Eleganz ihrer Blüte bis zur Gebeugtheit im Alter und ihrem allmählichen Absterben. Die Tiere sind entweder Herdentiere – wie Hirsch, Elch, Schaf und Stier – oder Friedens­symbole – wie der Hase – oder Wachs und Honig produzierende Bienen. Den Menschen, insbesondere die Frau, sieht Beuys als naturwüchsiges Wesen, als Schöpferin neuen Lebens, gebärend und empfangend. In Beuys´ Arbeiten entsprechen Makrokosmos und Mikrokosmos einander

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