Das Gesicht als Bild der Seele.
Meditationen – Köpfe. Alexej von Jawlensky – Dietrich Klinge
6. Juli – 23. September 2001
Eine einzigartige Begegnung von Malerei und Skulptur, von Geschichte und Gegenwart, von Generationen und damit verbundenen unterschiedlichen Ideen gab die Ausstellung "Das Gesicht als Bild der Seele" im Museum im Prediger: 18 „Meditationen“ des russischen Expressionisten und Wegbegleiters der Künstlervereinigung "Blauer Reiter" Alexej von Jawlensky (1864 – 1941) stellte der junge süddeutsche Bildhauer und Grafiker Dietrich Klinge (geb. 1954) 29 Bronzeköpfen und 11 Radierungen gegenüber; ergänzt durch einem Christuskopftorso Hans Seyfers (? – um 1509) aus der Zeit um 1500 und dem Holzschnitt „Kreuzabnahme“ von Hans Baldung Grien (1484/85 – 1545), entstanden 1505/07, ging es in der Ausstellung um die Auseinandersetzung mit dem Ausdruck von Kopf und Gesicht.
Alexej von Jawlensky (1864 – 1941) und Dietrich Klinge (geb. 1954) – ein Maler und ein Bildhauer. Eine zentrale Stellung in den Werken beider Künstler nimmt die Auseinandersetzung mit dem Thema Kopf ein, der, alters- und geschlechtslos, als Metapher humaner Befindlichkeiten und Existenz fungiert – ein einzigartiger, spannungsvoller Dialog, der unterschiedliche Positionen sichtbar macht, aber auch verbindende Elemente hervortreten lässt.
Alexej von Jawlensky konzentrierte sich in seiner Malerei seit den 20er Jahren auf das menschliche Antlitz. Es entstand eine umfassende Serie kleiner, verschlossener „Meditationsbilder”; in ihnen suchte der Künstler den Typus des Urbildes „Gesicht” bildhaft anschaulich werden zu lassen. Einer Auswahl von 20 dieser „Kopf-Meditationen” des berühmten Künstlers des Blauen Reiters stellt der junge süddeutsche Bildhauer und Grafiker Dietrich Klinge bronzene Kopfskulpturen gegenüber.
Im plastischen Werk des Bildhauers Dietrich Klinge kommt der Kopfplastik eine zentrale Stellung zu. Kennzeichen dieser Arbeiten sind die maskenhaft geometrisierten Gesichtszüge, die die Spuren ihres Entstehungsprozesses nicht verbergen, zugleich jedoch alters- und geschlechtslos wirken.
Beide Künstler scheinen ähnliche künstlerische Positionen zu vertreten, die Wege, auf denen sie sich dem Thema nähern, sind jedoch unterschiedlich: Jawlenskys Auseinandersetzung erfolgt primär unter dem mystisch-religiösen, die Klinges unter dem spirituell-geistigen Aspekt. Jawlenskys Weg zum bildhaften Ausdruck einer absoluten Wirklichkeit ist Verdichtung und Kontemplation, Klinges Köpfe dagegen wollen den Betrachter zu Reflexion und Selbst-Bewusstsein führen – eine außergewöhnliche Kunst-Konfrontation, die als verbindendes Element die Vielschichtigkeit existentieller Befindlichkeiten und Bestimmungen hervortreten lässt.
Katalog
20,– DM, 48 Seiten, mit einem Vorwort von Barbara Stark und Gabriele Holthuis und Textbeiträgen von Rüdiger Heinze und Martin Schneider. Schwäbisch Gmünd 2001. ISBN 3-9807297-0-2